Methadon-Therapie

In den Medien wurde wiederholt berichtet, dass eine Behandlung von Hirntumor- oder Leukämiepatientinnen und -patienten mit Methadon die Wirkung von Chemotherapien verstärken und zu einer nahezu vollständigen Zerstörung der Tumorerkrankungen führen kann.

Methadon ist ein synthetisch hergestelltes Opioid und unterliegt in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz und dessen Vorschriften zur Rezeptierung.

Da nach oraler Einnahme die Anflutung von Methadon im Zentralnervensystem verzögert ist, wirkt es nicht euphorisierend, ein Rauschzustand wird nicht ausgelöst.

Überwiegend wird es verordnet als Schmerzmittel in der Palliativmedizin (u. a. bei Krebspatientinnen und -patienten) sowie als Entzugsmittel für Heroin oder Morphin. Methadon wirkt, wie andere Opioide oder Morphine, indem es an Opioidrezeptoren (Andockstellen) auf Körperzellen (insbesondere Nervenzellen) bindet.

Methadon ist nicht unbedenklich einsetzbar, sondern hat vergleichbare Wirkungen und Nebenwirkungen (u. a. Herzrhythmusstörungen, Atemdepression, Verstopfung, Wassereinlagerung) wie andere Morphine. Es kann leicht überdosiert werden und durch Wechselwirkungen mit Krebsstandardmedikationen deren Wirksamkeit mindern.

Experimentelle Untersuchungen deuteten darauf hin, dass auch auf Krebszellen Opioidrezeptoren nachweisbar sind.

Es konnte am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Ulm in vitro gezeigt werden, dass Krebszellen (z. B. Leukämie- und Hirntumorzellen) mehr Chemotherapie aufnehmen und weniger ausschleusen, wenn D-L- Methadon an deren Opioidrezeptor gebunden ist.(1,2) Daraus wurde schließlich gefolgert, dass Methadon die Wirksamkeit von Chemotherapie verstärken kann.

Achtung

Diese Beobachtung konnte in einer aktuellen Untersuchung für Hirntumorzellen (3) nicht bestätigt werden.

 

Bewertung

Alle derzeit verfügbaren klinischen Studien weisen gravierende methodische Mängel auf und können die Wirksamkeit einer Chemotherapie-begleitenden Methadongabe nicht belegen, allenfalls vermuten lassen.

Da insbesondere fundierte Daten zur Unbedenklichkeit (z. B. Wechselwirkungen mit Krebsstandardtherapien, unerwünschte Arzneimittelwirkungen) der Methadontherapie fehlen, kann diese Behandlungsmaßnahme derzeit ausschließlich in Studienform empfohlen werden.

Quellen

(1) Friesen C et al. (2013). Cell death sensitization of leukemia cells by opioid receptor activation.
Oncotarget. 4(5):677–690.
(2) Friesen C et al. (2014). Opioid receptor activation triggering downregulation of cAMP improves effectiveness of anti-cancer drugs in treatment of glioblastoma. Cell cycle. 13(10):1560–1570.
(3) Oppermann H et al. (2019). D,L-Methadone does not improve radio- and chemotherapy in glioblastoma in vitro. Cancer chemotherapy and pharmacology. 83(6):1017–1024.