16. November 2023

Menschen erreichen – Ängste abbauen, Krebs verhindern

Neue Informationsangebote in Leichter Sprache unterstützen Arzt-Patienten-Gespräche und sollen Akzeptanz der Krebsvorsorge erhöhen

Mit guten Informationen Menschen motivieren, so dass sie selbstbestimmt Krebsfrüherkennungsangebote wahrnehmen, das ist das Ziel des gemeinsamen Projekts der Evangelischen Stiftung Volmarstein, der Hochschule für Gesundheit Bochum, der Ärztekammer Nordrhein und der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. Konkret geht es um ein breites Spektrum an neuen Informationsangeboten zur Vorsorge und Früherkennung von Darm- und Hautkrebs für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen. Diese nehmen laut einer Studie1 Krebsfrüherkennungsprogramme deutlich weniger in Anspruch als der Durchschnitt der Bevölkerung. Auf invasive Verfahren, wie die Darmspiegelung, trifft dies in besonderem Maße zu. „Mit dem Projekt wollen wir das ändern und den Menschen mehr Selbstbestimmung bei Entscheidungen zur eigenen Gesundheit ermöglichen. Dafür sind gut verständliche Informationen nötig, die auch bei den Menschen ankommen, die Leichte Sprache brauchen“, berichtet Annika Nietzio von der projektleitenden Evangelischen Stiftung Volmarstein.

Das Projekt wird von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert, läuft seit nahezu drei Jahren und steht nun kurz vor dem Abschluss. Im Rahmen einer barrierefreien Abschlussveranstaltung am 9. November im Haus der Ärzteschaft wurden die gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse vorgestellt. Entwickelt wurden zum Beispiel schriftliche Materialien für Patienten und Patientinnen in Leichter Sprache zum Thema Darm- und Hautkrebsfrüherkennung und Erklärvideos wie „Tipps für das Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin“.

„Mit den entwickelten Gesundheitsinformationen haben wir jetzt eine gute Basis, Menschen mit besonderen Lernmöglichkeiten in der Praxis auf Vorsorgetermine anzusprechen und ihnen Ängste vor Krebsvorsorgeuntersuchungen zu nehmen“, sagte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Prof. Dr. med. Susanne Schwalen, Geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer Nordrhein, ergänzt: „Eine Schlüsselrolle für die Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen nehmen die niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzte ein. Als entscheidende Vertrauenspersonen für Patientinnen und Patienten können Sie wichtige Impulse Richtung Früherkennung setzen“.

Ärztinnen und Ärzte sowie Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen wurden in die Entwicklung der Materialien eingebunden. „Wenn es um Krebs geht, ist dabei immer besondere Behutsamkeit in der Kommunikation gefragt“, so Prof. Dr. med. Ullrich Graeven, Vorstandsvorsitzender der Krebsgesellschaft NRW e.V.: „Das Thema ist sehr angstbehaftet. Es ist daher unsere Aufgabe nicht nur Inhalte zu transportieren, sondern Berührungsängste zu nehmen und die Selbstbestimmung zu stärken. Nur so können wir Menschen motivieren, Krebsvorsorge und Früherkennung angstfrei in Anspruch zu nehmen.“

Herzstück des Projekts sind gedruckte und digitale Informationsangebote zur Vorsorge und Früherkennung von Darm- und Hautkrebs in Leichter Sprache. Diese ist besonders leicht verständlich und basiert auf einem festen Regelwerk. Ergänzend dazu werden Kommunikationsmaterialien und Schulungen für Ärztinnen und Ärzte angeboten, die Beratungsgespräche in der Praxis unterstützen.

Mit dem offiziellen Projektabschluss ist der Auftrag der Beteiligten jedoch nicht beendet. „Wir haben jetzt eine gute Basis an Informationsangeboten. Jetzt ist es Aufgabe vieler diese zu verbreiten und zu nutzen, um die Gesundheit der Menschen zu stärken und Krebs zu verhindern“, so Graeven.

Alle Print-Materialien sind kostenfrei bestellbar unter: https://www.krebsgesellschaftnrw.de/infomaterial/

Mehr Informationen zum Projekt: https://www.krebsgesellschaftnrw.de/leichte-sprache/startseite/

Video „Tipps für das Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin“: https://www.youtube.com/channel/UC43oeFqakf7rFZKPosZSZDg

 

Projektpartnerinnen und Projektpartner:

Evangelische Stiftung Volmarstein (Projektleitung)

Evangelische Stiftung Volmarstein – gegründet 1904 – ist eine Einrichtung der diakonischen Behinderten-, Kranken- und Altenhilfe. Zur Stiftung gehört das „Kompetenzzentrum Barrierefreiheit Volmarstein“ mit weitreichender Erfahrung in der Durchführung von nationalen und internationalen Forschungs- und Modellprojekten. Mit der „Agentur Barrierefrei NRW“ ist die Stiftung eine wichtige Institution für die Umsetzung von Barrierefreiheit in NRW.


Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.

Die seit 1951 bestehende Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. setzt sich für die Verbesserung der onkologischen Versorgung in NRW ein. Ihr Aufgabenspektrum ist dabei sehr vielfältig und reicht von Initiativen zur Krebsprävention und Qualitätsentwicklung über Krebsinformation bis hin zur ambulanten Krebsberatung für Patient*innen und Angehörige. Ihre Ziele verfolgt die Krebsgesellschaft NRW e.V. im Rahmen eigener Kampagnen und Projekte sowie mittelbar als Plattform für die Kooperation in der Onkologie.


Hochschule für Gesundheit Bochum

Die Hochschule für Gesundheit in Bochum wurde 2009 als erste staatliche Hochschule für Gesundheitsberufe gegründet. Das Department of Community Health (DoCH) fokussiert die gesundheitliche Versorgung für Gruppen, die über spezifische Merkmale definiert werden können. Zu diesen Gruppenmerkmalen kann eine gemeinsame Ausprägung von Diversity-Merkmalen zählen, die z. B. in gesundheitlichen Kontexten Benachteiligung (wie z. B. bei Behinderung) führen kann.


Ärztekammer Nordrhein

Die Ärztekammer Nordrhein ist die berufliche Vertretung der rund 69.000 Ärztinnen und Ärzte im Landesteil Nordrhein. Zugleich nimmt sie in Selbstverwaltung öffentliche Aufgaben im Gesundheitswesen wahr und erfüllt weisungsgebunden staatliche Aufgaben. Die Ärztekammer Nordrhein engagiert sich in Kooperation mit anderen Institutionen des Gesundheitswesens für den Ausbau einer qualitätsgesicherten Prävention.


Förderung:

Stiftung Wohlfahrtspflege NRW

Die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW fördert soziale Vorhaben in allen Regionen Nordrhein-Westfalens – häufig deutschlandweit als beispielhaftes Vorbild. Damit ist sie seit knapp 40 Jahren einer der Schrittmacher sozialpolitischer Entwicklungen. Die Projekte kommen Menschen mit Behinderung, Menschen im Alter und benachteiligten jungen Menschen zugute.


Fakten zu Krebs

Darmkrebs
In NRW erkranken jährlich mehr als 7.000 Männer und rund 6.600 Frauen neu an Darmkrebs.2 Je früher die Krankheit entdeckt wird, umso besser sind die Heilungschancen und umso schonender ist die Behandlung. Durch eine rechtzeitige Entfernung von Polypen kann Darmkrebs sogar vermieden werden. Beides leistet die Darmspiegelung, die als Kassenleistung ab dem Alter von 55 und für Männer bereits ab dem Alter von 50 Jahren angeboten wird.


Schwarzer Hautkrebs (Melanom)

In NRW sind jährlich etwa 2.600 Männer und rund 2.700 Frauen neu von der Diagnose betroffen.2 Schwarzer Hautkrebs zählt weltweit zu den am häufigsten auftretenden Krebsarten und hat seit den 1970er Jahren deutlich zugenommen. Dies ist insbesondere einem verändertem Freizeitverhalten mit häufigen Outdoor-Aktivitäten und dementsprechender UV-Strahlung zuzuschreiben. Das Risiko an einem Melanom zu erkranken steigt mit der Häufigkeit der intensiven ultravioletten Strahlung, besonders durch wiederkehrende Sonnenbelastung. Durch gezielte Schutzmaßnahmen kann das Hautkrebsrisiko gesenkt werden. Das Hautscreening ermöglicht das frühzeitige Erkennen von Veränderungen der Haut und ist damit Grundlage für eine schonende Behandlung und steigende Heilungschancen. Anspruchsberechtigt sind alle gesetzlich Versicherten ab dem 35. Lebensjahr.

Quellen:

  • [1] „Gesundheitsuntersuchung für Menschen mit geistiger Behinderung. Modellprojekt zur Erfassung der medizinischen Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung“, Max Geraedts & Andreas Schulte – Universität Witten/Herdecke
  • Jahresbericht, Krebs in Nordrhein-Westfalen 2017, Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen, Bochum Februar 2020

Bildquelle: KG NRW